Chancen und Risiken der Digitalisierung im Blick – von Peter Neher

Peter Neher

„Zwischen Hoffen und Befürchten“ blickt Caritas-Präsident Prälat Dr. Peter Neher auf die digitale Transformation unserer Gesellschaft. Mit ihrer Kampagne 2019 wird sich die Caritas in Deutschland diesem Spannungsfeld stellen.

Zwischen Hoffen und Befürchten ist es manchmal nur ein schmaler Grat. Nirgendwo wird dies so deutlich wie bei der digitalen Transformation unserer Gesellschaft. Es ist nicht verwunderlich, dass viele die Geschwindigkeit als unübersichtlich und verunsichernd wahrnehmen. Dabei bietet die Digitalisierung Chancen für unser Zusammenleben, die wir ergreifen sollten. Im Bereich der sozialen Arbeit gibt es hierfür genügend Beispiele. So können 3D-Drucker in Werkstätten die Herstellung von Arbeitshilfen für Menschen mit Behinderung erleichtern. Die technischen Möglichkeiten können aber auch die Biografiearbeit mit dementen Menschen oder die Pflege von Patienten unterstützen.

Digitale Teilhabe ist zu einer Voraussetzung für soziale Teilhabe geworden. Dennoch liegt das politische Augenmerk fast ausschließlich auf der Wirtschaft und der Wissenschaft. Die Entwicklung einer digitalen Gesellschaft, die dem Menschen dient, erfordert aber einen weiteren Blick. Die Teilhabe auch sozial benachteiligter Menschen lässt sich nur verwirklichen, wenn es gelingt, die digitalen Entwicklungen im sozialen Bereich mitzudenken und reflektiert in die Praxis umzusetzen.

Anwaltschaftlich in der Digitalisierungs-Debatte

Die Digitalisierung als Wohlfahrtsverband mitzugestalten heißt aber auch, eine wahrnehmbare Stimme in öffentlichen Debatten zu sein. Schließlich stellen sich ethische und theologische Fragen, die es zu diskutieren gilt: Wie wirkt sich die Digitalisierung materiell, psychosozial und spirituell aus? Welche neuen Nöte gefährden Menschen? Was bedeuten zentrale ethische Begriffe wie Freiheit, Unverfügbarkeit und Selbstbestimmung angesichts von Algorithmen, die Menschen kategorisieren und bewerten, ohne dass diese davon wissen?

Digitalisierung weckt nicht nur Optimismus, sondern auch Sorgen. Beide Perspektiven haben ihre Berechtigung. Wer aber bei den Risiken stehen bleibt, ohne über Lösungen nachzudenken, blendet die Chancen der Digitalisierung aus. Die Kampagne „Sozial braucht digital“ will beides tun: die Chancen – gerade im sozialen Bereich – deutlich machen und dabei die Risiken in den Blick nehmen. Denn die digitale Entwicklung braucht auch die soziale Komponente. Darauf will die Kampagne des Deutschen Caritasverbandes aufmerksam machen und dazu einladen, gemeinsam über die Gestaltung der Digitalisierung zu diskutieren.

Autor:

Prälat Dr. Peter Neher, Präsident des Deutschen Caritasverbandes

Foto: DCV/Anke Jacobs

Kommentar verfassen